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Das "Trio Infernal" - das verhängnisvolle Dreieck der Machtblockinteressen

Die "Versailler Ordnung", wie sie 1919 gestaltet wurde, beruhte auf dem  seitens der angelsächsischen Mächte lange angestrebten und schließlich mit Hilfe des Ersten Weltkriegs auch erreichten Ziel, sowohl Deutschland als auch Russland als globale Machtfaktoren auszuschalten. Entsprechend konnte diese Ordnung nur so lange vorhalten, wie ihre  beiden konstitutiven Faktoren, nämlich sowohl die Ohnmacht Deutschlands als auch die Russlands, gegeben waren. Den Sieger- mächten war es dabei eine relativ leichte Aufgabe, das verhältnismäßig kleine Deutschland niederzuhalten. Im Falle des riesigen Russlands, das sich nach kommunistischer Revolution und Bürgerkrieg als "Sowjetunion" ein neues äuße- res Auftreten gab, konnte das nicht gelingen. Für den Fall, dass sich die Sowjet- union aus Krieg und Chaos wieder konsolidierte, und diese Entwicklung zeichnete sich um 1930 deutlich ab, würde sie unweigerlich zu einer neuen Weltmacht em- porsteigen. Obwohl Stalin der "kommunistischen Weltrevolution" entsagte und fortan, wohl aus Sicherheitsüberlegungen, den "Sozialismus in einem Land"  propagierte, konnte dieser Kurs jederzeit wieder geändert werden, insbesondere die Sowjetunion in ein mitteleuropäisches Machtvakuum vorstoßen, solange ein solches bestand. Das passende Gegenmittel hierzu war einfach zu finden: näm- lich dem machtpolitischen Wiederaufstieg Deutschlands, das danach ohnehin lechzte, nicht mehr im Weg zu stehen.  Folglich  wurde "Versailles" durch die Revisionspolitik, zu der auch das "Appeasement" gehörte, nach und nach besei- tigt, bis mit dem so genannten "Polnischen Korridor" 1939 nur noch ein letzter, wenn auch kriegsauslösender, Rest zurückblieb.

 

So ergab sich etwa ab Mitte der 1930er Jahre ein Dreieck von Machtblockinteres- sen: die Sowjetunion, Hitlerdeutschland und die angelsächsischen Mächte, wobei  Japan, Italien und Frankreich mit ihrer geringeren Machtentfaltung keinen ent- scheidenden Einfluss ausüben und höchstens lavieren konnten (was Japan auch tat), für die vielen kleineren Staaten galt  das natürlich ganz genauso.

 

Die traditionelle, häufige Sichtweise,  Hitler hätte den Zweiten  Weltkrieg aus reiner Willkür entfesselt, lässt die historischen Zusammenhänge seines An- griffsbefehls gegen Polen völlig außer Acht. Um den Weg in den Zweiten Welt- krieg wirklich zu verstehen, muss man  die Interessen der beteiligten Machtblöcke näher betrachten. Da wäre zunächst die Sowjetunion. Mit ihrem ungewöhnlichen, subversiven und verbal aggressiven politischen System ein krasser Außenseiter im Konzert der Mächte, musste von ihr bereits aus den Gründen der Ideologie wie der Machtzusammenballung eine Bedrohung ausgehen. Aber egal welche anti- sowjetischen Unterstellungen auch immer  unternommen  werden, Sowjetführer Stalin war ein vorsichtiger Fuchs, der nie ein überflüssiges Risiko einging und nur mitnahm, was er ohne Gefahr kriegen konnte.

 

Im Gegenteil musste schon der ideologische Gegensatz zwischen der Sowjetuni- on und dem Rest der Welt seinerseits  den kommunistischen Staat einer  Bedro- hung aussetzen. Die Sowjetunion war mächtig, aber nicht übermächtig. Eine anti- sowjetische Koalition, sobald groß genug, hätte jederzeit über das Land  herfallen und dem kommunistischen  System ein Ende machen können. Dem vorzubeugen erforderte, ideologische Scheuklappen abzulegen. Die Todfeindschaft zwischen Kommunismus und Nationalsozialismus brauchte den zynischen Sowjetpolitikern daher nicht das geringste  bedeuten, denn die Heterogenität des gegnerischen Lagers konnten sie für ihre Zwecke nutzen.

 

Daher  kam es der Sowjetunion entgegen, würden die kapitalistischen Staaten un- tereinander in Streit geraten. Die revisionistischen Nachbarn Deutschland und Japan wie Marionetten über die "Fäden" sowjetischer Rohstofflieferungen zu steu- ern, so weit diese  Krieg gegen die angelsächsischen Staaten und deren Verbün- dete führten, würde sowjetischen Interessen am ehesten nutzen. Dabei bestand natürlich die Gefahr, dass die "Puppen" siegten und sich anschließend wieder ge- gen die Sowjetunion wandten. Aber das wäre erst der zweite Schritt gewesen, da- gegen hätte unter Umständen die rechtzeitige Einstellung der Lieferungen gehol- fen. Zunächst waren die  Gegensätze unter den kapitalistischen Staaten auszu- nutzen. Entsprechend ließ man Angebote an Deutschland durchblicken.

 

Bis Deutschland in Form des Hitler-Stalin-Pakts darauf einging, sollte aber noch geraume Zeit vergehen und sich Frustration über die deutschen Wunschpartner anstauen. Deutschlands Führer  Hitler entfesselte zwar am Ende einen Weltkrieg, jedoch war das nicht im Mindesten in seinem Sinn [außer, wenn es, was man durchaus annehmen kann, zur letztendlichen Vernichtung Deutschlands dienen sollte]. Seine in "Mein Kampf" getätigten Äußerungen, Deutschland würde zukünf- tig, wenn überhaupt  irgendetwas, dann Weltmacht sein, und seine häufig als "Lebensraum" titulierten Vorstellungen einer begrenzten Osteroberung passen nicht zusammen. Wie der des Kaiserreichs war auch der nationalsozialistische Weltmachtanspruch in keiner Weise substanziell. Daneben waren Hitlers Vor- stellungen so limitiert wie absurd. Denn zwischen Deutschland und den zu er- obernden Gebieten in der Ukraine lag schließlich Polen.

 

Selbst, wenn eine zur Eroberung der ersehnten Gebiete  durchgeführte deutsch- polnische Aktion erfolgreich verlaufen wäre, Polen wäre immer noch vorhanden  gewesen und nun zwischen zwei "deutschen" Gebieten gelegen, eine sowohl für die polnische als auch für die deutsche Seite  unangenehme Situation. Auch wenn man, wie es Hitler offensichtlich tat, den polnischen Eroberungszug, der bis Kiew geführt hatte, in Rechnung stellt und polnische Gebietsansprüche im Osten annimmt, ist die Abgrenzung zwischen den neuen "polnischen" wie "deutschen" Gebieten völlig unklar. Das Entscheidende hier aber ist die Frage, wie Hitler über- haupt auf die Idee kam, ein Krieg gegen die Sowjetunion, die ja schließlich die zu erobernden Gebiete innehatte, könnte auf  einen solchen Eroberungszug be- grenzt bleiben. An die Vorstellung, die Sowjetunion wäre mangels ihrer in der Russischen Revolution vernichteten "arischen" Führungsschicht wehrlos, konnte noch nicht einmal Hitler glauben!

 

Dennoch bemühte sich Hitler für diese völlig wirre Vorstellung sowohl um die pol- nische als auch, in Gestalt Großbritanniens, um die westliche Genehmigung. Die Briten würden, und da dachte er scheinbar logisch, ihm freie Hand geben, sofern er, im Gegensatz zum Kaiser,  auf eine umfangreiche Flottenrüstung verzichtete. Ebenso würde die Freundschaft Deutschlands dazu beitragen, das britische Em- pire zu erhalten. Letzteres schien nun  ausnahmsweise tatsächlich logisch zu sein, bedenkt man vor allem auch, dass Großbritannien in der Folge des Zweiten Weltkriegs sein Empire wirklich verlor. Doch der eigentliche Grund, warum die Angelsachsen den Ersten Weltkrieg herbeigeführt hatten, und für den, wie wir sa- hen, die kaiserliche Flotte kaum eine Rolle spielte, war Hitler nicht geläufig. Dass Großbritannien eher auf sein Empire verzichtete, als sich vom europäischen Kontinent abhängig zu machen (denn so wäre es gekommen, hätte Großbri- tannien Hitler gewähren lassen), war Hitler nicht begreiflich. So blieben seine An- gebote an Polen und Großbritannien erfolglos.

 

Wie oben argumentiert, genügte die Konsolidierung und der darauf folgende Auf- stieg der Sowjetunion, die Versailler Ordnung im Grunde zerbrechen zu lassen. Der nachfolgende Aufstieg von Staaten, die ihre Macht gegen die Sowjetunion richten konnten, wurde zwangsläufig. Japan musste man in China gewähren las- sen,  Deutschland die Aufrüstung genehmigen, und die Vereinigten Staaten von Amerika konnten aus der Schmollecke des Isolationismus, in die sie sich 1919 zu- rückgezogen hatten, nach und nach wieder hervortreten.

 

Großbritannien hatte 1918 für kurze Zeit erreicht, was es angestrebt hatte.  Russ- land und Deutschland hatten ihre militärische Macht verloren, und die USA, die noch über keine  ausreichende Flotte zur Durchsetzung ihrer Vorstellungen ver- fügten, mussten sich an einem Friedensschluss beteiligen, den sie so eigentlich nicht gewollt hatten. Mit der britischen Überlegenheit zur See war es aber bald vorbei, das gegenüber den USA  in Folge des Krieges hoch verschuldete Groß- britannien musste auf dem Verhandlungsweg den maritimen Gleichstand mit den USA akzeptieren. Außerdem zeichnete sich ab, dass der Flugzeugträger bald das Schlachtschiff als mächtigste Waffe der Seekriegsführung ablösen würde. Die überwiegend katholischen Teile Irlands erzielten bald nach dem Krieg ihre fakti- sche Unabhängigkeit, was den Auftakt zum Ende des Empires bedeutete.

 

Wie bereits vor dem Ersten Weltkrieg verbat sich auch jetzt ein  alleiniges militäri- sches Handeln der Seemacht Großbritannien auf dem europäisch-asiatischen Kontinent von selbst. Jede erfolgreiche britische Politik war von der Kooperation mit den USA abhängig. Das bedeutete, dass dieses Mal der amerikanische Vor- machtanspruch nicht mehr aufzuhalten war, die Briten würden sich den amerika- nischen Vorstellungen nolens, volens fügen müssen. Großbritannien würde nicht anders können, als die USA in die Sache hineinzuziehen, und die USA würden dafür sorgen, dass Großbritannien nicht ohne Krieg wieder daraus herauskom- men würde. Auch würde der Preis, den die USA für ihren Erfolg zu entrichten hatten, ungleich höher ausfallen als im Ersten Weltkrieg.

 

 

 

 

 

 

 

Für die westlichen Staaten wäre es ein Leichtes gewesen, Hitler im Zaum zu halten, hätten sie das denn gewollt. Einer Kombination aus Großbritannien, Frank- reich, der Tschechoslowakei und Polen, eventuell noch erweitert um Belgien und (bei einer anderen westlichen Politik) Italien wäre das Deutsche Reich nicht ge- wachsen gewesen, man hätte hierzu auf Stalins Dienste nicht zurückgreifen müs- sen. Andererseits hätte man Deutschland in eine westliche Eindämmungsfront gegenüber der Sowjetunion einbeziehen können, indem man begrenzten deut- schen Revisionsforderungen nachgab, soweit diese einen Ausgleich mit Polen beinhalteten. Einen solchen hätte man westlicherseits wenigstens anstreben können, was man aber bekanntermaßen nicht tat.

 

Man brauchte im Westen also vor Deutschland, wenigstens  in dem Zustand, wie es sich in 30er Jahren darstellte, keine Angst zu haben. Mochte man Hitler nicht, hätte es Gelegenheit gegeben, ihn zu beseitigen (dazu kommen wir noch). Auch die Sowjetunion brauchte  man wenig zu fürchten, vorausgesetzt, man kooperierte diesbezüglich mit Deutschland (und Japan). Es gab, wie immer, nur eine Möglich- keit, die die angelsächsische Vorherrschaft in Gefahr bringen konnte: ein Zusam- menschluss zwischen Deutschland und Russland. 

 

 

 

 

 

 

 

Realistische Einwände gegen diese Vorstellung verfingen bei den angelsäch- sichen Entscheidungsträgern nicht. Die unüberwindlichen ideologischen  Gegen- sätze zwischen Nationalsozialismus und Kommunismus (selbst wenn man die o.a. sowjetische ideologische Flexibilität zum  Zweck einer rationalen Außenpolitik be- rücksichtigt, war dieselbe auf Hitlers Seite nicht gegeben) waren ihnen Jacke wie Hose. Ebenso ließen sie sich von der praktischen Unmöglichkeit der Vorstellung beirren, irgendein deutscher, sowjetischer oder  sonstiger Führer hätte den euro- päisch-asiatischen Kontinent unter seine Kontrolle bringen und die dort ansäs- sige Rasselbande an Nationen gegen die angelsächsische Welt führen können. Diese nicht auszuschließende theoretische Möglichkeit genügte und würde durch moderate Revisionspolitik nicht zu beseitigen sein.

 

Wenn das Problem dasselbe war wie vor dem Ersten Weltkrieg, dann war es kein Wunder, wenn auch die Lösung dieselbe war: nämlich Deutschland und Russland gegeneinander in den Krieg zu treiben. Auch dieses  Mal war der Krieg nicht  so einfach zu haben, denn damit es zum Krieg zwischen Deutschland und Russland kommen konnte, musste, im Gegensatz zu 1914, erst eine Nahtstelle zwischen ihnen geschaffen werden. Zwischen Deutschland und Russland lag ein Hindernis, das vor einem deutsch-russischen Krieg zu beseitigen war: Polen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Angelsachsen gingen dabei arbeitsteilig vor: Während in Großbritannien die Appeaser Hitler erst richtig in Schwung versetzten, machte sich auf der anderen Seite des Atlantiks Roosevelt daran, Stalin gegen Hitler in Stellung zu bringen. Roosevelt, der an seiner Feindseligkeit gegen die Achsenmächte von Anfang an keinen Zweifel ließ, nahm die Sowjetunion, deren System trotz aller humanis- tischen Ansprüche wenig Humanes an sich hatte, wohlweislich aus seinen aggressiven Ausbrüchen aus. Seine Vorgänger hatten es vermieden, die Sowjetunion diplomatisch anzuerkennen, Roosevelt korrigierte das und bot Stalin zu verschiedenen Gelegenheiten  Zusammenarbeit an,  was sich bis zu einer Art Bündnisangebot im August 1939 steigerte.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Roosevelt handelte dabei sicher nicht aus ideologischer Verblendung oder Liebe zur Sowjetunion. Auch die Behauptung, er hätte sich im  Sinne  Wilsons an einer neuen, gerechten Friedensordnung versucht, erscheint absurd. Vielmehr kann die Absicht hinter seinem Handeln nur darin bestanden haben, Stalin für seine Inte- ressen die Kastanien aus dem Feuer holen zu lassen. Dass Stalin darauf keine Lust hatte, ist ohne weiteres nachvollziehbar. Seine verkündete Demotivation nützte Stalin auf die Dauer allerdings wenig, man würde ihn dazu zwingen, in die Glut zu greifen. Wofür er dann aber einiges an "Kastanien" behalten durfte.

Die "Trio Infernal"-Auseinandersetzung sah schließlich [zunächst] Stalin als Sie- ger. Er bekam die gewünschte Verbindung mit  Deutschland, und der folgende Krieg war anfangs ein "innerkapitalistischer".

In diesem Kapitel wird wieder häufig auf das Werk von Manfred Rauh (Literaturhinweis s. Ein-

leitung) zurückgegriffen. Zitate aus dem ersten Band sind mit [R I], aus dem zweiten mit [R II] gekennzeichnet.

 

 

 

 

 

Eine Niederlegung des Zusammenhangs zwi-

schen dem Aufstieg der Sowjetunion und der Wiederaufrüstung Deutschlands, wie bereits im ersten Kapitel des dritten Teils dieser Arbeit un- ternommen, ist mir andernorts nicht bekannt. Rauh ([R I] S. 314) sieht zwar Deutschland als für die Westmächte willkommenes Gegenge- wicht zu Russland, beschreibt auch die zugehö-

rigen Aktionen (siehe die Vorkapitel zu diesem hier), zieht aber den entsprechenden Schluss nicht.

Stalins ansonsten allgemein bekannte Vorstel- lungen erwähnt Rauh in [R I] S. 326, dort auch die Subversion der Kommunistischen Interna- tionale gegen den Rest der Welt.

 

 

 

 

 

 

 

Zu Japan siehe Vorkapitel.

 

 

 

 

 

"Sollte aber der Krieg beginnen, so werden wir nicht untätig zusehen können - wir werden auf- treten müssen, aber wir werden als letzte auf- treten. Und wir werden auftreten, um das ent- scheidende Gewicht in die Waagschale zu wer- fen, ein Gewicht, das ausschlaggebend sein dürfte." Mit diesem seinem "Gewichtszitat" ([R I],

S. 323) aus dem Jahr 1925 meinte Stalin nichts anderes, als einen Krieg der kapitalistischen Staaten untereinander für die Sowjetunion aus- zunutzen, um Beute zu machen, auch wenn er sich über die zeitliche Einordnung des sowjeti- schen Kriegseintritts letztendlich irrte.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

"Fadenmotiv" [R I], S. 330, Rohstoffproblematik für Japan und Deutschland ds. S. 323ff.

 

 

 

 

 

Motivation Stalins, Deutschland indirekt für seine

Hegemonieabsichten einzusetzen, ds., S. 314f. Unterschwellige sowjetrussische Angebote an Deutschland 1933 - 35 ds., S. 328, Deutschland

war nicht interessiert.

 

 

Zu Hitlers tatsächlicher Motivation, den Krieg auszulösen, wird im dritten Kapitel dieses Teils ausführlich Stellung genommen. Seine außen- politischen Vorstellungen finden sich genau wie seine Aggressionen gegenüber Deutschland in "Mein Kampf", siehe 3. Teil 3. Kapitel.

Weltherrschaftspläne werden Hitler immer wie- der unterstellt, auch von Manfred Rauh. Soweit es solche überhaupt gab (mögliche Zitate halte ich inhaltlich für nicht aussagekräftig), hat Hitler nichts dafür getan, insbesondere als "Feldherr" einen erfolgreichen deutschen Expansionskrieg vereitelt (Behandlung der Thematik im sechsten Teil).

 

Versuch, Polen 1938/39 für die Ukraine zu "inte- ressieren",  [R I], S. 349.

 

Die Bemerkung bezieht sich auf den polnisch- sowjetischen Krieg 1919 - 1921.

 

 

 

 

 

Satz in "Mein Kampf", siehe 3. Teil 3. Kapitel,

"Das Riesenreich ist reif zum Zusammenbruch"

(S. 441/742 - 743).

 

 

 

"Ersuchen" um britische Genehmigung 1936/37

[R I], S. 349, "Rückenfreiheit" durch Großbritan- nien für deutsche Expansion ds., S. 353.

Auch hier Verweis auf "Mein Kampf", s.o..

 

 

 

Rauh nennt den Grund "Schimäre",  [R I], S. 349.

 

 

Persönliche Einschätzung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Flottenabkommen zur Washingtoner Konferenz 1922.

 

 

 

 

 

 

Vielmehr nutzte Großbritannien besser wieder andere für sich aus,  [R I], S. 320. Ab etwa 1937 gehen Großbritannien und die USA wieder zu- sammen, ds. S. 354. Folgende Unaufhaltsam- keit des US-Führungsanspruchs ds., S. 331. Die Formel des US-Präsidenten Roosevelt von der "Gleichberechtigung aller Völker" bedeutete in Wirklichkeit die US-amerikanische Vorherschaft  [R II], S. 60, "dieses Mal hatten sich alle nach den amerikanischen Bedingungen zu richten, ds. S. 61. Sein Diplomat Bullitt diagnostizierte bei Roosevelt "geradezu einen Messiaskom- plex", ds., S. 7. Roosevelts Gleichbrechtigungs- formel war antikolonial und damit gegen Groß- britannien gerichtet. Die amerikanischen Bestre- bungen zur Ablösung der "Versailler Ordnung" können auch mit dem Abkommen von Ottawa 1932 zusammenhängen, mit dem Großbritan- nien Empire und Dominions zu einer Zollunion zusammenschloss, die die USA bis 1945 ver- geblich zu sprengen versuchten (ds., S. 59).

 

 

Persönliche Schlussfolgerungen.

 

 

Mögliche Funktion Deutschlands und Japans als Bollwerke gegen die Sowjetunion [R I], S. 338. Den deutschen Aufrüstungskurs machte Großbritannien jedenfalls mit (ds., S. 339).

 

 

 

 

 

 

 

 

Neue Chimärenfurcht in Großbritannien ds., S. 334 (insbesondere durch Staatssekretär Van- sittart, ds. S. 335f, bereits erwähnt im 4. Kapitel des 4. Teils), in den USA sehr heftig  [R II], S. 10.

Formulierung einer gewaltsamen Variante, näm-

lich der möglichen Eroberung der Sowjetunion durch Deutschland und Japan durch den anson-

sten als deutschfreundlich (ds., S. 52) und iso- lationistisch charakterisierten Botschafter der USA in Großbritannien Joseph Kennedy (ds., S. 8, Vater des späteren US-Präsidenten John F. Kennedy).

Isolationistische Kritik an Vorstellungen der ame-

rikanischen Regierung vom September 1938: Blockade Deutschlands gemeinsam mit Groß- britannien und Eingreifen auf dessen Seite, mit Beanspruchung der "US-Verteidigungslinien in Europa und Ostasien" [wie sie nach dem Krieg tatsächlich entstanden], ds., S.7.

 

 

 

 

 

 

 

 

An dieser Stelle nun das in vorherigen Kapiteln bereits angekündigte Zitat des britischen Poli- tikers Stanley Baldwin, der 1937 als Premiermi- nister zurücktrat. Noch zu Amtszeiten (1936) hatte er geäußert, "es werde ihm nicht das Herz brechen, falls Hitler sich nach Osten wenden sollte. Wenn in Europa schon gekämpft werden müsse, dann solle da Kämpfen doch von den Bolschewiken und Nazis besorgt werden" (Wörtliche Übernahme aus  [R II], S. 36). Für den Zeitraum nach seinem Rücktritt (1938) ent- hält sein englischer Wikipedia-Eintrag ebenfalls ein passendes Zitat: "Can't we turn Hitler East? Napoleon broke himself against the Russians. Hitler might do the same." Wie bereits sonst zur britischen Diplomatie und Politik des 19. und be- ginnenden 20. Jahrhunderts unterstellt, kann man davon ausgehen, das solche Gespräche ebenso intern geführt wurden, ohne dass man sie schriftlich festhielt, es sich insofern keines- wegs um eine Einzelmeinung handelte.

 

Auch Manfred Rauh kommt zu dem Schluss, dass Polen offensichtlich willkürlich geopfert wurde  ([R II], S. 17). Die Vorgehensweise der Appeaser, die zum Teil unter amerikanischem Druck handelten, wird in den nächsten beiden Kapiteln behandelt.

Ab hier wird in der Folge gelegentlich auf Werke von Nazi-Autoren zurückgegriffen, hier konkret ist es Udo Walendy bzw. sein Heft "Historische Tatsachen Nr. 57. F.D. Roosevelts Schritte in den Zweiten Weltkrieg", Verlag für Volkstum und Zeitgeschichtsforschung, Vlotho 1993, zitiert [W]. Dem Vorwurf der mangelnden Glaubwür- digkeit solcher Quellen wird entgegnet, dass nicht schon deshalb alles falsch sein kann, was Nazis schreiben, nur weil sie Nazis sind (sonst könnte man ja das genaue Gegenteil annehmen,

und schon wäre alles richtig). Begründete Ein- wände gegen [W] nehme ich gern zur Kenntnis. Klar ist, dass [W] sich auf eine Reihe anderer geschichtsrevisionistischer Autoren beruft, wie David L. Hoggan, Dirk Kunert, Charles C. Tansill,

an deren wissenschaftlicher Unvoreingenom- menheit ebenso gezweifelt wird. Wie gesagt spricht nichts dagegen, die Authentizität von Be-

hauptungen aus der "äußersten rechten Ecke" zu diskutieren.

Aber zurück zum Thema. Roosevelt nannte Hit- ler  beispielsweise einen "puren unverfälschten Teufel"  ([R I], S. 352, womit er sicher recht hatte, doch der "Teufel" war dann gut genug, die angelsächsische Sache zu besorgen), die "Agg-

ressorstaaten"  waren für ihn "Banditen" (ds.) Bereits auf seiner ersten Kabinettssitzung nach seinem Amtsantritt hatte er die Möglichkeit einer kriegerischen Auseinandersetzung mit Japan besprochen ([W], S. 5, [R II], S. 7, ds. S. 9 "...an-

fangs... Ansätze einer Zusammenarbeit mit Sta- lin..."). Nach [W] sahen die "Ansätze" wie folgt aus: Noch vor Aufnahme der diplomatischen Be-

ziehungen US-Kredit an eine sowjetische Firma (S. 5). Stalin und der amerikanische Botschafter

in der UdSSR William Bullitt betrachten ihre Staaten als Verbündete und phantasieren über die Aufteilung Deutschlands untereinander (ds., S. 8, 20.12.1933). Was Bullitt von Stalins Sys- tem hielt, äußerte er unverblümt (nämlich nichts,

ds., S. 9, 19.07.1935). Roosevelts Botschafter in Deutschland William Dodd warf seinem Prä- sidenten Schizophrenie vor (ds., S. 10, 16.03. 1936).

An weiteren prosowjetischen amerikanischen Vorstellungen und Aktionen führt Walendy an:

Die Denkschrift eines Roosevelt-Vertrauten for- dert die Beseitigung des Nazi-Regimes mit sowjetischer Hilfe ([W], S. 12, Nov./Dez. 1937). Roosevelt erwägt, Schlachtschiffe für die Sow- jetunion zu bauen (ds., S. 13, 08.06.1938). Der polnische Botschafter in den USA Potocki refe- riert Kriegsvorstellungen Bullitts gegen Deutsch-

land (ds., S. 16, 21.11.1938). Finanzielle Zusa- gen an Moskau werden erwogen (ds., S. 19, 17.01.1939). Den krönenden Abschluss bildet eine Demarche Roosevelts an Stalin, die nicht anders denn als Offensivbündnis zu verstehen ist (ds., S. 29, 04.08.1939, auch erwähnt bei An-

dreas Hillgruber, Der 2. Weltkrieg, Kriegsziele und Strategie der großen Mächte. Kohlhammer-

Verlag Stuttgart, Berlin, Köln 1996, S. 24, enthal-

tene Warnung Roosevelts an Stalin vor einem Angriff Hitlers [R II], S. 9).

 

 

Roosevelt hatte offensichtlich versucht, den Hit- ler-Stalin-Pakt zu verhindern und Stalin sogleich gegen Deutschland militärisch tätig werden zu lassen, wozu Stalin aber nicht zu bewegen war (seine "Kastanien"-Rede [R I], S. 313, 348).

Zu den m.e. unglaubwürdigen "Zielen" Roose- velts gegen die herkömmliche militärische Macht- und Gleichgewichtspolitik  [R I] und [R II], in beiden Bänden jeweils S. 13. Die zu verhin- dernde Machtblock-Zusammenballung auf der eurasischen Landmasse ([R II]) wurde unter kommunistischen Vorzeichen (China 1949) erreicht, mit der Sowjetunion war bis in deren Endphase unter Gorbatschow keine intensivere und vetrauensvollere Zusammenarbeit möglich als durch klassische Machtpolitik. Das musste bekannt sein. Die Alimentierung der Sowjetuni- on durch die USA im Zweiten Weltkrieg bedurfte also eines anderen Grundes (persönliche Ein- schätzungen).