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Epilog

Es war zu zeigen, wie, und vor allem warum, zwei Weltkriege herbeigeführt wur- den, und warum Deutschland sie verlor. Da die Chimärenfurcht nach der deutsch- en Kapitulation 1945 gegenstandslos wurde, ist an diesem Punkt die Betrachtung der zugrunde liegenden Problematik zu beenden. Nicht beendet ist damit aller- dings der bis zur Weltvorherrschaft reichende Einfluss der für die Entwicklung bis 1945 maßgeblichen Kreise. Da es seit 1945  keine mit den beiden stattgefun- denen vergleichbare Weltkriege gegeben hat (ob man nun den Kalten  Krieg als "3." und den "Krieg gegen den Terror" als "4. Weltkrieg" bezeichnen möchte, soll hier nicht entschieden werden), müsste eine detaillierte Analyse  ihres Handelns, die von meiner Seite nicht vorliegt (und mir auch sonst nicht bekannt ist), anders überschrieben werden.

 

 

Dennoch kann man ohne weiteres davon ausgehen, dass diese  Kreise seither weiter agiert haben und agieren. Wenn man ihre Motivation entschlüsseln will, muss man m.e. ihnen dieselben Überlegungen unterstellen, die sie auch schon vor 1945 hatten. Ihre Aktionen dienen also dazu, sicherzustellen, dass niemand ihre Dominanz gefährdet. Das angewandte Mittel ist auch dasselbe wie eh und je, das ganz alte "divide et impera"-Prinzip. Und das kann auch für wesentliche Teile der weiteren Entwicklung der Welt der Fall sein.

 

Demnach war  die Zweiteilung der Welt in eine kapitalistische und eine kommunis- tische Sphäre ab 1945 kein unvermeidliches, dem gemeinsamen Überlebens- kampf gegen die von Nazideutschland ausgehende Gefahr geschuldetes Unglück, wie die Situation des Kalten Krieges gern beschrieben wurde und wird, sondern entsprechend  den Vorstellungen der maßgeblichen angelsächsischen Akteure so und nicht anders bewusst herbeigeführt. Sie entspricht genau Admiral Mahans Karthago-Theorie aus dem Jahr 1900.

 

So gesehen beruht es auch nicht auf der Drohung mit der gegenseitigen atoma- ren Vernichtung, dass zwischen den beiden Blöcken nie ein großer, heißer Krieg ausbrach. Nachweislich, und entgegen der jeweils praktizierten Propaganda, woll- ten sich beide Blöcke niemals gegenseitig angreifen. Denn es ging keiner Seite darum, dass ihr die Welt zur Verfügung steht. Stattdessen fühlten  die Herrschen- den sich am sichersten, wenn ihre Völker sich gegenseitig dauerhaft bedrohten.

 

 

 

 

 

 

Insofern muss also bei den Herrschenden nach Ende der Chimärenfurcht ein Fo- cuswechsel stattgefunden haben. Deutschland wurde nun auf einmal freundlich behandelt, Russland in Form der kommunistischen Sowjetunion (offensichtlich künstlich) zum Buhmann gemacht, gegen  den  man aber, (weil man ihn brauchte), nichts unternahm, der eigentliche Gegner waren aber die eigenen Be- völkerungen.

Diese mussten durch permanente, periphere Konflikte unterhalb des Volleskalati- onsstatus, in Atem  halten, damit sie nicht auf die Idee kommen, die Strippenzieh- er ausfindig zu machen und auszuschalten.

 

Mit dem Kommunismus konnte man also den passenden Gegner für die kommen- de Konfliktstruktur aufbauen. Womöglich  hatte man schon im Anschluss an den Ersten Weltkrieg und die russische Revolution damit begonnen, indem man nur  unvollkommen zugunsten der Weißgardisten interveniert hatte. Inwieweit man in Stalins Handeln so etwas wie Ehrlichkeit erkennen mag, sei dahingestellt, es wird behauptet, nach dem Zweiten Weltkrieg hätte er die Zusammenarbeit mit dem Westen gerne fortgesetzt. Nach dem Tode seines Freundes Roosevelt wiesen ihn dessen Nachfolger aber zurück. Jedoch nicht, ohne ihn zuvor ihrerseits um den Aufbau einer "zweiten Front" in Asien gegen die bereits geschlagenen Japaner zu bitten. Was sollte diese Vorgehensweise, die zu nichts geeignet war, als den Kom-

munisten ein Faustpfand in Nordostasien zu sichern, das sie alsbald verwenden würden?

 

 

 

Ein gemeinsames Vorgehen der Angelsachsen mit den Nationalchinesen unter Tschiang Kai-schek  auf chinesischem Boden gegen die Japaner war von Chur- chill verworfen worden. Was nur bedeuten kann, dass der alte Imperialist ein ka- pitalistisches China mehr fürchtete als ein kommunistisches. Ebenso wiesen die Amerikaner ein Hilfsersuchen des vietnamesischen Kommunistenführers Ho Chi Minh in dessen Auseinandersetzung mit der französischen Kolonialmacht zurück (während des Zweiten Weltkriegs hatten die USA auch dessen Viet Minh unter- stützt). Das asiatische Kernland sollte also dem Kommunismus als dessen unein- nehmbare Machtbasis zufallen.

 

Damit hatte man für die kommenden Kriege in Korea und Vietnam die Grundlage gelegt, Kriege, die so eingeschränkt und dillettantisch geführt wurden, dass sie im Patt enden oder verloren gehen mussten, wobei nie versucht wurde, den Gegner insgesamt zu Fall zu bringen. Hinter der Atombombe konnte man seine nach her- kömmlichen Maßstäben unsinnige militärische Vorgehensweise leicht verstecken.

 

Die amerikanische Bevölkerung, die nach dem Zweiten Weltkrieg von der Rück- zahlung der Kriegsanleihen profitierte, Massenwohlstand genoss und immer mehr Partizipation einforderte, terrorisierte (und terrorisiert) man nicht nur mit Hilfe die- ser Kriege. Zu mysteriösen Experimenten mit Giftwaffen kontaminierte man ganze Landstriche und flutete das Land mit Rauschgift, wozu die bis heute anhaltende Opiatverschreibung in  wirtschaftlich abgehängten  Gegenden zählt. Die Rassen- konflikte verharren im Grunde bis heute ohne wirkliche Lösung. Die bis in die 70er Jahre gut verdienende Mittelschicht wurde mit Hilfe einer restriktiven Arbeits- marktpolitik nach und nach abgeschmolzen, auch dieser Trend setzt sich bis heu- te fort.

 

Die Zersplitterung der amerikanischen Gesellschaft spiegelt sich  in der Zersplit- terung der Welt in Form der Unabhängigkeit immer neuer Staaten. Die USA, die selbst aus einem antikolonialen Aufstand entstanden waren, hatten die Weltkriege dezidiert nicht für den Erhalt der alten Kolonialreiche geführt. Großbritannien, vom Kampf im Rahmen des Zweiten Weltkriegs gegen eine imaginierte Bedrohung, die Chimäre, erschöpft, wurde ebenso wie die  Kriegsverlierer (West-)Deutschland, Italien und Japan endgültig zum Vasallen der USA und musste sein Kronjuwel Indien, um das es ursprünglich gegangen war, freigeben. Einem letzten koloni- alen Aufbäumen Großbritanniens und Frankreichs gemeinsam mit Israel gegen Ägypten in der Suezkrise 1956 machten die Amerikaner durch gemeinsames diplomatisches Vorgehen mit der Sowjetunion ein Ende, (zeitgleich schlug die Sowjetunion den Ungarnaufstand nieder).

 

Um 1960 waren alle alten Kolonialreiche weitgehend zusammengebrochen, nur das portugiesische hielt sich bis zum Ende der Diktatur 1975. Meist wird die staatliche Unabhängigkeit der früheren Kolonien als Segen gefeiert und der alte Imperialismus komplett delegitimiert. Tatsächlich entstanden aber zwischen den wie innerhalb der neuen unabhängigen Staaten zahlreiche Konfliktlinien, die die Welt weiterhin verunsichern, friedliche Entwicklungen untergraben und Migra- tionsströme befördern. Wie wir zu wissen meinen, spielt auch dieses den Herr- schenden in die Hände.

 

In Osteuropa war der Sowjetunion mit, wie wir gesehen hatten, westlicher Hilfe ein neues "Kolonialreich" zugeschanzt worden, das der herrschenden Macht diesel- ben Schwierigkeiten bereitete wie den traditionellen Kolonialmächten die ihren, und das mit der Implosion des Kommunismus in Europa genauso hinfällig wurde, während hier wie dort anschließend neue und alte Konfliktlinien aufbrachen. Die Teilung Indiens wiederum in  einen muslimischen und einen nichtmuslimischen Folgestaat  kennzeichnet den Beginn des neuen Aufstiegs des Islams als einfluss- reichem Faktor der Weltpolitik  und als neuem "Hauptgegner" des Westens nach dem Verfall der Triebkräfte der kommunistischen Ideologie.

 

Es ist sicher unmöglich für den Westen im allgemeinen und die USA im besonde- ren, jeder Kooperation mit islamischen Partnern aus dem Weg zu gehen. Wenn man aber über den Umweg mit einem "befreundeten" Geheimdienst die eigenen Gegner unterstützt, weist das auf dieselbe perfide Ignoranz hin, die früher das Verhältnis zum Kommunismus kennzeichnete, siehe oben. Als letztes Glied in die- ser Kette verschaffte man der Volksrepublik China durch intensive wirtschaftliche Kooperation erst den heutigen Status als Weltsupermacht, den man ansonsten beargwöhnt. Ignorante Kooperation und perspektivlose Auseinandersetzung kenn- zeichnen die momentanen, nicht enden wollenden Konflikte. Sie sollen ja auch kein Ende finden, will man das eigene Volk in Anspruch nehmen.

 

Mahans Karthago-Theorie, gleichbedeutend mit dem uralten divide-et-impera- Prinzip, funktioniert bis heute tadellos. Völker lassen sich gern auseinanderdividie- ren, oft braucht man nur vorhandene  Tendenzen verstärken. Man  vermeide aber den Fehler, Völker bzw. ihre identifizierbaren Regierungen mit den wahren Macht- habern so einfach gleichzusetzen. Es gibt keine Alternative zur amerikanischen Macht, aber vielleicht  eine zur Politik der Herrschenden.

Klarerweise habe ich mit dieser Arbeit eine Ver- schwörungstheorie vorgelegt. Ich hoffe aber, mit den zahlreichen Zitaten deutlich gemacht zu haben, dass sie auf sicherem Fundament ruht, das im Gegensatz zu anderen, schlecht beleg- ten Behauptungen, die sich insbesondere auf die in diesem Epilog betrachteten Zeiträume nach 1945 beziehen. Es wird auch darauf verzichtet, die "Verschwörer" mit irgend einem Ausdruck, etwa "Illuminaten", zu benennen. Solche Be- zeichnungen könnten in die Irre führen und vor allem [eneut] pauschale Schuldzuweisungen, wie gegen "Juden" und "Freimaurer" im Schlepptau nach sich ziehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Siehe diesbezügliche Buchbesprechung im er- sten Teil.

 

 

Der populären Behauptung, der kommunistische

Spion Rainer "Topas" Rupp hätte mit seinen Meldungen über gerade keine Kriegsgefahr ei- nen Atomkrieg verhindert, wird in seinem Wiki- pedia-Eintrag widersprochen. Gegenstand der Meldungen war aber eben gerade kein westli- cher Angriff. Dass auch keiner aus dem Osten drohte, wurde nach Ende des Kalten Krieges deutlich: "Die operativen Planungen der Bünd-

nisstreitkräfte des Warschauer Vertrages gingen

stets von einem Kriegsbeginn durch die NATO aus." Entnommen aus http://www.vorharz.net/media/historie/siegfried_lautsch.pdf.

 

Persönliche Spekulation.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zu Stalins initialer Nachkriegsmotivation Ro- berts, Literaturhinweis 5. Kapitel im 6. Teil, S. 333.

Kurswechsel der Truman-Administration zum Antikommunismus z.B. bei Jörg Friedrich, Yalu,

Propyläen, Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2007, S. 33f. Irrwitzige amerikanische Überle- gungen, ein "Exiljapan" könnte von chinesi- schem Boden den Krieg beliebig fortsetzen. ds., S. 137, dagegen "notwendiges" sowjetisches Eingreifen in Jalta von den USA den Sowjets na- hegelegt ds., S. 152, und Rauh, Literaturangabe s. Einleitung, Bd. III, S. 362.

 

 

Ds., S. 256.

 

 

Zu Ho Chi Minh diese Webseite: http://www.us-politik.ch/teil3.htm, sein Brief an Truman vom 28.

02.1946 https://catalog.archives.gov/id/305263

 

Hier und im folgenden Block persönliche Über-

legungen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

http://www.us-politik.ch/teil3.htm zu Biowaffen.

"Hillbilly-Heroin" SPIEGEL Nr. 14/2017, S. 110.

 

 

 

 

Robert Reich, Arbeitsminister in der Clinton-Ad- ministration, im SPIEGEL Nr. 32/2016, S. 69.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zur Interessenlage des US-Verbündeten Pakis- tan, der über seinen Geheimdienst die afgha- nischen Taliban-Kämpfer fördert, Christoph Hör- stel, Brandherd Pakistan, Kai-Homilius-Verlag, ohne Ortsangabe, 2008, S. 133f. Zur Motivation der US-Eliten, denen (dort aus wirtschaftlichen Gründen) am Konflikt liegt, am Beispiel des Ver- teidigungsministers der G.W. Bush-Administra- tion, Rumsfeld, ds., S. 290.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zum Ende möchte ich noch einige Randbeo- bachtungen und eine Spekulation anführen:

 

Im Rahmen der Nürnberger Kriegsverbrecher- Prozesse beseitigte man mit Göring (der ange- sichts seiner bevorstehenden Hinrichtung Selbstmord beging) und Ribbentrop lästige Mit- wisser bezüglich der Entwicklung zum Zweiten Weltkriegs, mit Keitel und Jodl ebensolche Zeu-

gen gegen das Märchen vom allumfassenden deutschen Angriffsplan.

 

Den berüchtigten "Artikel 231" zur deutschen Kriegsschuld schrieb nicht Clemenceau oder sonst ein Franzose in den Versailler Vertrag, sondern John Foster Dulles, später Außenmi- nister der Eisenhower-Administration.

 

Über zahlreiche Ungereimtheiten im Rahmen der Anschläge vom 11.09.2001 wird bis heute diskutiert. Auf diese Symbolhandlung reagier- ten die Amerikaner mit einer entgegengerichte- ten: nämlich in Person des irakischen Diktators Saddam Hussein ein arabisches Symbol zu stürzen (das zur vielleicht tatsächlichen Motiva-

tion des Irakkriegs).